2406 Projekt: Bahn zum Rennplatz Kottingbrunn
Mehrere
Anläufe gab es bei einem Bahnprojekt, das die Erschließung des Kottingbrunner
Rennplatzes zum Ziel hatte. Bereits 1897 wurde im Amtsblatt der BH Baden vom 24.
Juni erwähnt, dass das k. k. Eisenbahn-Ministerium "das von der k. k.
priv. Südbahn-Gesellschaft namens des "Jokey-Club für Österreich"
vorgelegte Detailproject für eine vom Km 32.2 der Südbahnlinie Wien - Triest
abzweigende und in die Nähe des Rennplatzes bei Kottingbrunn führende
normalspurige Kleinbahn behufs Vornahme der Tracenrevision und bei anstandslosem
Ergebnisse derselben, Vornahme der politischen Begehung an die Statthalterei
geleitet" hatte. Die Projektpläne wurden bei der k. k.
Bezirkshauptmannschaft Baden zur allgemeinen Ansicht aufgelegt. Die
Amtshandlungen fand am 5. Juli statt.[1]
Auf Grund des Ergebnisses der durchgeführten Trassenrevision wurde vom k. k.
Eisenbahn-Ministerium Nachstehendes eröffnet: "..... Die von der
Gemeinde Kottingbrunn gegen das Bahnproject geltend gemachten Bedenken richten
sich im Wesentlichen gegen die durch den geschlossenen Ortstheil unmittelbar an
bestehenden Baulichkeiten vorbeiführende Trasse, sowie gegen die Niveaukreuzung
der namentlich an Renntagen stark frequentirten Orts- und Rennstraße.
Auf Grund der diesfalls im Commissions-Gutachten niedergelegten sachgemäßen
Erörterung hinsichtlich der einzelnen Beschwerdepunkte vermag das
Eisenbahn-Ministerium die erhobenen Bedenken nicht als gerechtfertigt
anzuerkennen, umsoweniger, als es der politischen Begehung. bezw. der
technisch-polizeilichen Prüfung vorbehalten bleibt, die Bestimmungen in Absicht
auf die Aufrechterhaltung der Communicationen, sowie die Maßnahmen zur Wahrung
der persönlichen Sicherheit beim Verkehre im Bereiche der fraglichen
Niveaukreuzungen zu treffen.
Was das im Laufe der Verhandlung bestrittene öffentliche Interesse der
geplanten Bahnanlage anbelangt, so erscheint es mit Rücksicht auf die im
Vorjahre während der Rennzeit in Kottingbrunn wiederholt zu Tage getretenen
Unzukömmlichkeiten unzweifelhaft, daß durch die Ausführung der projectirten
Flügelbahn die Möglichkeit geschaffen würde, wenigstens einen Theil des
Personenverkehres zum und vom Rennplatze in der regelmäßigen Form der Bahnbeförderung
abzuwickeln, und hiedurch eine wesentliche Verbesserung der Verkehrsverhältnisse
auf der gesellschaftlichen Strecke Kottingbrunn - Wien herbeizuführen.
Nachdem - wie commissionell constatirt wurde - die beantragte Linienführung
gegenüber der von der Gemeinde Kottingbrunn vorgeschlagenen Trassenvariante vom
bauökonomischen und betriebstechnischen Standpunkte den Vorzug verdient, und
die Gemeinnützigkeit des geplanten Unternehmens durch die im Zuge befindliche
Concession anerkannt erscheint, findet das Eisenbahn-Ministerium in
Uebereinstimmung mit dem von der k. k. Statthalterei befürworteten
Commissionsantrage, den gegen die Trassenführung erhobenen Protest der Gemeinde
Kottingbrunn zurückzuweisen und die dem Projecte zugrunde gelegte Trasse als
Basis für die weiteren Amtshandlungen festzusetzen.
Diese politische Begehung fand am 20. August statt.[2] Über das Ergebnis erfahren wir leider nichts mehr und es wird eine Zeit lang still um dieses Projekt. Aber 1899, knapp zwei Jahre später, ist in der Lokalpresse zu lesen und wird auch im Amtsblatt der BH Baden bestätigt, dass "dem Advocaten Dr. Stößler wurde vom Eisenbahnministerium die Bewilligung zur Vornahme technischer Vorarbeiten für eine elektrische Bahn vom Bahnhof (Südbahn) in Vöslau bis zum Rennplatze in Kottingbrunn auf die Dauer von sechs Monaten“ erteilt wurde.[3],[4] Ein anderes Lokalblatt stand diesem Projekt offenbar kritisch gegenüber: "..... ob eine Bahn vom Südbahnhof in Vöslau nach Kottingbrunn einem Bedürfnis entspringt lassen wir und wohl auch die meisten Vöslauer dahingestellt".[5] Nach einer Verlängerung der erteilten Bewilligung um weitere sechs Monate[6] verschwand dieses Projekt von der Bildfläche. Erst viele Jahre später, 1915 - der Rennplatz war inzwischen abgebrannt und sollte wieder neu aufgebaut werden - gibt es nochmals eine diesbezügliche Notiz: "..... daß die Wiedereröffnung der Kottingbrunner Rennbahn im Sommer 1916 von Seite des Publikums heftig gewünscht wird, zu welchem Zwecke die Gemeinden Baden, Kottingbrunn und Vöslau die Verbindung des Rennplatzes mit der Endstation der elektrischen Bahn in Vöslau auf eigene Kosten herstellen lassen würden, eine Sache, die recht schön gedacht ist, die sich aber bei der herrschenden Teuerung und dem Stande der Gemeindefinanzen durchaus nicht durchführen läßt. Falls die Rennstallbesitzer die Absicht haben, in der nächsten Saison die Rennen abzuhalten, so wird sie das Unterbleiben des Bahnbaues Vöslau - Kottingbrunn nicht daran hindern, stehen doch wie in den früheren Jahren außer der Südbahn eine große Anzahl Privatfuhrwerke, Fiaker und Einspänner zur Verfügung, welche den Verkehr recht gut aufrecht erhalten können. Die Gemeinde Vöslau wird sonst gewiß bemüht sein, den Wünschen der Sommergäste in jeder Hinsicht entgegenzukommen, nur darf man nichts Unmögliches verlangen."[7] Nachdem der Rennplatz nicht mehr neu aufgebaut wurde, hat sich auch eine Bahnlinie dorthin von selbst erübrigt, und die 1897 erteilte Konzession zum "Baue und Betriebe einer Kleinbahn von der Südbahnstation Kottingbrunn zum dortigen Rennplatze" wurde seitens des Bundesministeriums für Handel und Verkehr 1927 für erloschen erklärt.[8]
[1]
Amtsblatt der k. k. Bezirkshauptmannschaft Baden vom 24. Juni 1897, Z.
54504.
[2]
Amtsblatt der k. k. Bezirkshauptmannschaft Baden vom 5. August 1897, Z.
17005-97.
[3]
Badener Zeitung vom 22. März 1899, S. 5.
[4]
Amtsblatt der k. k. Bezirkshauptmannschaft Baden vom 23. März 1899, Z.
6693.
[5]
Nachrichten aus dem Wienerwald vom 8. April 1899, S. 4.
[6]
Amtsblatt der k. k. Bezirkshauptmannschaft Baden vom 14. September 1899.
[7]
Badener Zeitung vom 27. November 1915, S. 5.
[8]
Amtsblatt der Bezirkshauptmannschaft Baden vom April 1927, S. 41.
letzte Änderung: 27.01.2005